Landkreis in Leipzig vertreten – Mehr Einsatz von der Politik gefordert
Auch die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Wesermarsch, Maren Ozanna, war jetzt bei der 27. Bundeskonferenz der kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten Deutschlands in Leipzig dabei. Zwei Tage lang beschäftigten sich die Teilnehmenden mit Gretchenfragen der Gleichstellung und mit feministischen Perspektiven für die Zukunft. „Gretchenfragen sind als unbequem empfundene Gewissensfragen, die eine Positionierung zu Kernthemen verlangen“, erläutert Ozanna und führt die einzelnen Bereiche auf, in denen es aus Sicht der Gleichstellungsbeauftragten Deutschlands den größten Handlungsbedarf gibt.

Gretchenfrage häusliche Gewalt: „3,8 Mrd. Euro zahlt die Gesellschaft im Jahr für die Folgen von häuslicher Gewalt. Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem (Ex-)Partner ermordet“, nennt Ozanna bedrückende Fakten. Nicht zu beziffern sei zudem das Leid, das häusliche Gewalt bei Frauen und Kindern verursache. Obwohl Deutschland die Istanbul-Konvention unterzeichnet habe, laufe die konkrete Umsetzung schleppend, bedauert Ozanna und fordert: „Es braucht mehr Geld für Täterarbeit und Präventionsprojekte für Jungen. Außerdem sind Strukturen für besonders verletzliche Gruppen, wie trans und inter Personen notwendig.“ Auch in der Wesermarsch besteht Handlungsbedarf: „In der Wesermarsch sind die Fallzahlen der von Gewalt betroffenen Frauen in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Das bedeutet, dass es auch bei uns im Landkreis von enormer Wichtigkeit ist, dass das Thema weiterhin forciert wird und dass derzeitige Hilfe- und Beratungsangebote für Frauen weiter ausgebaut werden“, stellt Ozanna klar.

Gretchenfrage politische Teilhabe: Etwa ein Drittel der Bundestagsabgeordneten sind weiblich und der Anteil der Bürgermeisterinnen beträgt gerade einmal 11,7 Prozent. Nur durch Parität können die Belange von Frauen wirklich gesehen werden, ist die Gleichstellungsbeauftragte überzeugt und fügt hinzu: „Auch in der Kommunalpolitik ist der Frauenanteil viel zu niedrig. Ich wünsche mir, dass mehr Frauen auf sicheren Listenplätzen aufgestellt werden.“

Gretchenfrage Gesundheit: Ein weiteres bundesweites Problem: Immer mehr Geburtsabteilungen werden geschlossen. „Dadurch müssen Schwangere gerade in ländlichen Regionen lange Wege in Kauf nehmen und werden abgewiesen, wenn Kreißsäle belegt sind“, beklagt Ozanna die gegenwärtige Situation. Sie fordert daher: „Es braucht eine wohnortnahe Versorgung für Schwangere. Noch immer kann ein Schwangerschaftsabbruch laut §218 mit Gefängnisstrafe geahndet werden und immer weniger Ärztinnen und Ärzte können einen Abbruch vornehmen. Methoden für Schwangerschaftsabbrüche müssen im Medizinstudium gelehrt werden.“ 

Gretchenfrage Alleinerziehende: „Alleinerziehende sind fünfmal häufiger von Armut Betroffen als Zwei-Eltern-Familien und 88 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen“, sieht Ozanna eine weitere Benachteiligung für Frauen. Durch eine steuerliche Entlastung und sichere Kinderbetreuung könnte derweil die finanzielle Situation Alleinerziehender verbessert werden, ist sie überzeugt. 

Kurzum: „Auf solche und weitere Gretchenfragen muss die Politik Antworten geben. Entsprechende Anträge an die Bundesregierung haben wir auf der Bundeskonferenz verabschiedet“, so Ozanna abschließend. 

 

Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte aus dem gesamten Bundesgebiet konferierten jetzt in Leipzig. Unter ihnen war auch die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Wesermarsch, Maren Ozanna. Bild: Susanne Hübner/BAG