„Female Future Force Day“ in Berlin – Gleichstellungsbeauftragte zieht positives Fazit

Der „Female Future Force Day 2023“ des Medienunternehmens Edition F fand jetzt in Berlin statt. „Das Unternehmen zählt zu den wichtigsten Stimmen in der deutschen Medienlandschaft, insbesondere wenn es um Frauen und Gleichberechtigung geht“, betont Maren Ozanna, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Wesermarsch. Sie war der Einladung in die Bundeshauptstadt ebenso gefolgt wie ihre Delmenhorster Amtskollegin Darja Petrosjan. Zu den geladenen Gästen zählten auch etliche namhafte Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft, wie Bundesfamilienministerin Lisa Paus, die Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen Ricarda Lang, die Autorin und Politikexpertin Dr. Emilia Roig und die Mitbegründerin und Co-CEO des „Centre for Feminist Foreign Policy“ Kristina Lunz.

Eines der zahlreichen Panels beinhaltete die Themen Kita-Krise, Teilzeitfalle sowie Kinderarmut und formulierte Forderungen an die Politik. Hier musste sich Bundesfamilienministerin Paus kritischen Fragen stellen. Insbesondere wurde die prekäre Situation von Alleinerziehenden hervorgehoben und die bisher mangelnde finanzielle Wertschätzung von Sorgearbeit. Des Weiteren wurde kritisiert, dass das Elterngeld seit Einführung und somit seit 16 Jahren nicht erhöht wurde, obwohl dies im aktuellen Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Vielmehr könne in diesem Zusammenhang sogar von einer schleichenden Kürzung gesprochen werden, da das Elterngeld bisher nicht an die Inflation angepasst wurde, so die Kritik.

Auf einem anderen Podium wurde darüber gesprochen, warum Liebesbeziehungen politisch sind und keinesfalls eine Privatsache. Dr. Emilia Roig machte dabei deutlich, dass „Liebe als ´privat´ zu bezeichnen auch eine Funktion erfüllt“. Hierdurch solle suggeriert werden, dass ein Eingreifen verboten sei, welches die herrschenden patriarchalen Strukturen dieser Gesellschaft stärke. Eine andere Panelistin merkte in Bezug auf häusliche Gewalt, ein Abschieben der Verantwortung seitens der Politik an. Es entstehe der Eindruck, dass der Anstieg der Fallzahlen von Betroffenen, die häusliche Gewalt erfahren, hingenommen werde und noch nicht ausreichend zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen unternommen werde. In Bezug auf die Istanbul-Konvention, die zum Schutz von Betroffenen im Jahr 2017 in Deutschland ratifiziert wurde, wurde Deutschland im letzten Jahr vom Europarat gerügt, dass eine Umsetzung der dort verankerten Maßnahmen nicht ausreichend stattfand. Noch immer fehlen deutschlandweit Frauenhausplätze und Beratungsstellen, dies geht mit langen Wartezeiten einher.

Hinterfragt wurde außerdem die in der Gesellschaft fest verankerte Annahme, dass eine Heirat Sicherheit für Frauen biete. Dies gelte es zu überdenken, so Maren Ozanna, schließlich „geschehen die meisten Gewalttaten in heteronormativen Kernfamilien“. Auch die Steuervorteile, die sich durch eine Ehe ergeben, begünstigen in den meisten Fällen Männer in Vollzeitbeschäftigungsverhältnissen, „aber eben nicht die Frauen, die die Sorgearbeit übernehmen und dafür ihre Arbeitszeit reduzieren“, gibt die Gleichstellungsbeauftragte zu bedenken. Auch durch die heutige Gesellschaft werde Frauen noch immer suggeriert, dass zur Vollständigkeit der Frau die Ehe und das Muttersein zwingend ist, stellte das Forum kritisch fest. Dies geschehe beispielsweise durch die Sozialisation, soziale Medien, Märchen, Filme und andere Faktoren.

In einer weiteren Runde von Expert*innen wurde über Klassismus als Diskriminierungsform gesprochen. Obwohl die soziale Herkunft maßgeblichen Einfluss auf die Chancengleichheit hat, wird sie in Bezug auf Diversität oftmals noch ausgeblendet. Vielmehr werden Klassenunterschiede durch bestehende Strukturen sogar verstärkt. Es wurde außerdem darauf hingewiesen, dass Rassismus und Klassismus nicht selten fließend ineinander übergehen und sich so die Diskriminierungserfahrungen von Betroffenen erhöhen. „Diesbezüglich zeigen auch diverse Statistiken auf, dass insbesondere alleinerziehende Mütter und Frauen im Rentenalter nicht nur von Armut, sondern damit einhergehend auch von Klassismus betroffen sind“, ergänzt Maren Ozanna.

Auf der Veranstaltung wurde deutlich, so das einhellige Fazit der Teilnehmenden, dass man sich in einer Transformation befinde, also in einem Prozess des Aushandelns, dessen Ende noch nicht vorauszusehen ist. Dabei ist wichtig, dass es nicht immer die Betroffenen sein müssen, die auf Benachteiligungen oder strukturelle Diskriminierung aufmerksam machen, sondern ebenso Dritte.

„Das war ein großartiger Tag mit informativen Panels, der leider viel zu schnell verging. Der Tag hat auch meine Sensibilität erneut geschärft und wieder einmal wurde sichtbar, wie wichtig es heutzutage ist, die Meinungen von Expert*innen zu diskutieren, Betroffenen zuzuhören und miteinander ins Gespräch zu kommen, denn nur so kann der Prozess des Aushandelns für alle Beteiligten positiv enden und sich gesellschaftlich etwas verändern“, zieht Maren Ozanna ein positives Resümee.